Das Wort zum Sonntag – 2. Adventsonntag

Liebe Pfarrgemeinde!

Heute wird es konkret. Die vage Sehnsucht weicht einer begründeten Hoffnung: „Populus Sion, ecce Dominus veniet ad salvandas gentes - Volk von Zion, siehe, der Herr wird kommen zu retten die Völker“, ruft uns heute der Prophet Jesaja im Eingangsvers der Messe zu.

Und diese Worte haben dem 2. Adventsonntag auch seinen Namen gegeben: Populus Sion.

„Volk Zion, siehe, der Herr wird kommen!“ Die menschlichen Dunkelheiten und Abgründe in unserer Welt haben also nicht das letzte Wort. Der Herr wird kommen um zu retten, was jetzt noch verloren scheint. Nicht bloß einige Auserwählte: Die Völker wird er retten, so ist es uns zugesagt! Das bedeutet: Die Rettung gilt für uns alle. Das greift natürlich sehr weit. Für mich und meine begrenzte Sichtweise ist das sogar ein wenig unüberschaubar. Drum stell' ich mir die Frage: Was bedeutet das denn für mich?

Ich verrat' Ihnen jetzt etwas ganz Persönliches: Immer am 2. Adventsonntag sage ich mir im Gedanken mehrmals diesen Satz von Jesaja vor. Und die Anrede „Volk Zion“ ersetze ich ganz einfach durch meinen Vornamen. Dann wird mir deutlich: Da geht’s jetzt auch um mich. In mein Leben will er kommen, wenn ich ihn einlasse. Wenn ich ehrlich bin: Nichts auf der Welt wünsche ich mir mehr, als dass er der Herr sei in meinem Leben. Und das soll durchaus in alle Bereiche gehen: Er soll der Herr sein über mein Bankkonto, meine Einkaufsgewohnheiten, meine Literaturauswahl und meine Internetgepflogenheiten. Er soll der Herr sein über den Umgang, den ich mit meinen Mitmenschen pflege und über mein Verhalten der Schöpfung gegenüber. Alles wird letztendlich Sinn bekommen. Meine armseligen Versuche ein wenig mitzuhelfen, dass das Reich Gottes unter uns Wirklichkeit werden kann, wird er retten und zu einem guten Ende führen. Siehe – der Herr wird kommen! Dazu möchte ich ihm auch alles geben, was mich ausmacht: Ich gebe ihm alle Freude meines Lebens und alle Momente höchsten Glücks. Und ich gebe ihm mein Versagen, meine Traurigkeiten und meine dunkelsten Stunden. Ich weiß, dass jetzt alles seinen Sinn bekommt.

Denn heute am 2. Adventsonntag wird es konkret: Die vage Sehnsucht meines Lebens weicht einer begründeten Hoffnung. Christus wird kommen! Am Ende dieses Advents und immer wieder neu. So wie es damals im windigen Stall auf einem Feld in Bethlehem geschehen ist, so geschieht es jeden Tag überall auf der Welt. Immer dort, wo Menschen beginnen, sich neu zu orientieren und ihre Hoffnung auf den zu setzten, der die Völker retten wird.

Ich will seine Ankunft bei mir ganz persönlich vorbereiten.

Heute.

Ihr Pfarrer