Das Wort zum Sonntag – Ostersonntag

Liebe Pfarrgemeinde!

Neulich habe ich geweint. Nicht aus Verzweiflung. Einfach so – aus Freude. Vielleicht werde ich langsam wunderlich. Mag sein.

Aber ich erzähle Ihnen trotzdem, was da passiert ist.

Mitunter gehe ich tagsüber zwischendurch kurz in die Kirche hinüber. Da ist es angenehm ruhig und ich kann mich ganz ungestört mit Jesus unterhalten.

So auch diesmal.

Auferstehung – dieses Thema beschäftigt mich heute wieder einmal ganz besonders. Wenn ich doch nur die Spur einer Ahnung hätte, wie ich mir das konkret vorstellen darf. Und vor allem: was hat das jetzt hier und heute mit mir zu tun?

„Möchtest du ein bisschen Auferstehungs-Feeling erleben? Jetzt gleich hier?“, fragt mich Jesus.

„Oh ja, das wär' toll!“, antworte ich. „Bitte sei so gut und erzähl' mir doch ein bisschen darüber.“

„Erzählen werde ich dir nichts“, sagt Jesus schmunzelnd, „aber wir werden jetzt gemeinsam eine kleine Zeitreise unternehmen und uns ein wenig in den letzten paar Jahren umschauen. Du wirst staunen! Bist du bereit?“

„Natürlich!“, antworte ich aufgeregt – und schon geht die Reise los.

Zuerst sehe ich da mehrere Menschen stehen. Das Leben hat ihnen übel mitgespielt und so müssen sie mit sehr wenig Geld über die Runden kommen. Es reicht oft einfach nicht für einen Einkauf im Supermarkt. Und dann sehe ich diese Menschen in ihrem Zuhause, wie sie sich gerade das Mittagessen schmecken lassen. Unsere Spallerhofer Tafel hat ihren Tisch wieder einmal ausreichend gedeckt.

Und schon geht die Reise weiter und ich sehe viele Menschen, die sehr einsam sind. Manche davon sind verwitwet. Sie leben allein und Besuche von Verwandten oder Freunden gibt's so gut wie nie. Einzig und allein ihr Haustier ist ihnen geblieben – der einzige Lichtblick in ihrem Leben. Das Einkommen ist schmal und immer dann, wenn eine unerwartete Ausgabe ins Haus steht, ist das ein riesengroßes finanzielles Problem. Früher mussten sie sich dann große Sorgen machen. Reicht das Geld, um das Futter für den Hund oder das Katzerl kaufen zu können? Diese Sorge haben die Menschen seit 14 Jahren nicht mehr. Unsere Tiertafel hat sie ihnen abgenommen.

Und nun sehe ich ganz verzweifelte Menschen. In ihrem Land tobt ein blutiger Krieg und so haben sie sich auf den Weg ins Ungewisse gewagt. Sie wissen um die Gefährlichkeit der Flucht. Aber die Verzweiflung treibt sie.

„Werde ich zu Menschen kommen, die es gut mit mir meinen?“, fragen sie sich immer wieder. Dann sehe ich sie, wie sie hier bei uns in der Pfarre ankommen. Stumme Verzweiflung und ein tiefsitzender Schmerz sind ihnen in ihre Gesichter geschrieben.

Die Sprache hier, die Kultur – alles ist so fremd.

Und dann sehe ich die gleichen Menschen – jetzt, neun Jahre später. Getragen von unzähligen Gebeten unserer Gemeinde, ermutigt durch freundschaftliche Begegnungen mit vielen herzensguten Menschen und durch eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft unserer Pfarrbevölkerung haben sie Vertrauen gefasst und wieder lachen gelernt. Sie sprechen mittlerweile alle sehr gut Deutsch – etliche von ihnen haben längst Arbeit gefunden und viele natürlich auch eine eigene Wohnung. Bei manchen sind inzwischen auch Frau und Kinder hierher nachgekommen und die Familien sind wieder vereint. Freilich – die Wunden bleiben, aber der Schmerz treibt nicht mehr in die Verzweiflung.

Und ich sehe auch die leidgeprüften Mütter, die aus der Ukraine voll Kummer und Sorge mit ihren Kindern zu uns gekommen sind. Ich sehe diese Mamas heute wieder lachen und die Kinder sehe ich fröhlich im Pfarrgarten am Trampolin springen.

So - Ende der Zeitreise.

Ich denke noch eine Weile über das soeben Erlebte nach.

Einen Hauch von Auferstehung kann ich jeden Tag erleben, soviel habe ich heute von Jesus gelernt.

Freilich – unsere verwundete Welt ist noch voller Schmerzen. Krieg, Terror und Tod sind täglich präsent.

Aber mitten in diese Finsternis strahlt ein helles Licht.

Auferstehung!

Das heißt: Gott hat Jesus am dritten Tag aus dem Grab geholt und uns damit gesagt: Trauer, Schmerz, Verzweiflung und Tod haben nicht das letzte Wort.

Das letzte Wort liegt bei Gott – und es heißt „Hoffnung“.

Ich weine vor Freude - und eine Textzeile aus einem Osterlied fällt mir ein. „Der Stein ist weg, das Grab ist leer!“


Ich wünsche uns allen von ganzem Herzen ein frohes und gesegnetes Osterfest

Ihr Pfarrer