Das Wort zum Sonntag – 1. Adventsonntag

Liebe Pfarrgemeinde!

Die Natur vermittelt zurzeit den Eindruck von Endlichkeit und Abschied. Die welken Blätter und die kahlen Bäume erinnern uns daran.

Als Gemeinschaft der Glaubenden stehen wir an einem Beginn! Wir stehen am Anfang eines neuen Kirchenjahres, wir erwarten wie werdende Eltern die Ankunft des wichtigsten Menschen der Welt. Wir sind aufgefordert, nicht in Winterstarre zu verfallen, nicht in Müdigkeit abzugleiten, sondern hellwach die Wochen bis zum großen Ereignis zu nutzen. Advent – das heißt Warten auf die Ankunft.

Wir kennen unterschiedliche Arten des Wartens – ungeduldig beständig auf die Uhr schauend. Genervt umherblickend. Resigniert, zusammengesunken wie Leute auf der Parkbank vor dem Seniorenheim, die sich daran gewöhnt haben, dass auch heute kein Besuch kommt und die nun nur noch auf das Ende warten.

Christliches Warten ist anders. Es ist hoffnungsvoll, zuversichtlich und von der Sicherheit getragen, dass es nicht vergeblich sein wird. Es ist ein Warten auf einen lieben Menschen, dessen Ankunft man ersehnt. Wir genießen die Vorfreude. Sie ist nach vorne gerichtet in der Vorstellung dessen, was sein wird.

Advent, Zeit der frohen Erwartung! Manchmal kommen wir in Kontakt mit Menschen, denen der Advent zu einer Lebenshaltung geworden ist. Sie leben in hoffnungsvoller Erwartung einer Zukunft, in der das Beste noch bevorsteht und denen der Weg dorthin Anlass zu Vorbereitung und Vorfreude ist. Sie stehen nicht unter dem Druck, möglichst schnell viel erreichen oder anhäufen zu müssen. Sie beschränken sich auf das, was ihrer Seele und ihren Beziehungen guttut. Man trifft solche Menschen nicht nur im Kloster. Sie sind mitten im Leben. Sie sind frei für das Wesentliche und verzetteln sich nicht.

Auch solche Menschen müssen schlafen. Dem Aufruf des Markus im heutigen Evangelium: „Gebt Acht und bleibt wach!“ kann niemand immer Folge leisten. Guter Schlaf ist notwendig für unsere Gesundheit. Abschalten und loslassen ist erlaubt, sogar erwünscht!

Markus ermahnt zu einer anderen Art des Wachseins. Wer mit wachen Sinnen durchs Leben geht, kann sich einen besseren Überblick verschaffen. Wer mitkriegt, was gespielt wird, kann sich entscheiden, ob er mitmacht oder aussteigt. Wachsam zu sein heißt auch, sich selbst auf die Schliche kommen, die eigenen Schwachstellen zu erkennen und den Kurs zu korrigieren.

Mit dem neuen Kirchenjahr B beginnt das Markus-Jahr. Markus ist der Autor des ältesten Evangeliums, das um etwa 70 n. Chr. verfasst wurde. Sein Anliegen war es, das Leben und Wirken Jesu zu überliefern, nachdem die Zeitzeugen gestorben waren. Markus stellt Jesus weniger redend als handelnd vor. Die Heilstaten sind es, die das Reich Gottes zur Welt bringen.

Und wir alle sind aufgerufen, uns mit heilenden Handlungen einzubringen. Bleiben wir wach! Nutzen wir unsere Zeit! Leben wir adventlich! Wir werden gebraucht!

Ihr Pfarrer