Das Wort zum Sonntag – 5. Sonntag im Jahreskreis

Liebe Pfarrgemeinde!

Das Evangelium dieses Sonntags ist für mich sehr ansprechend, weil es mir zeigt, was für Jesus wichtig ist. Wichtig sind Jesus einerseits "wir", die gewöhnlichen Leute - wie die Verwandtschaft eines seiner Jünger oder die "vielen", die er heilte; andererseits ist Jesus seine eigene Beziehung zum Vater wichtig, die die Kraftquelle für sein Tun ist. Heute könnte man sagen: Er schaffte so für sich das richtige Maß zwischen Aktion (Tun) und Kontemplation (geistiges Sichversenken) oder anders ausgedrückt: zwischen der Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen (Empathie) und dem Schutz und Erhalt der eigenen psychischen Gesundheit (Psychohygiene).

Für mich ist auch die Unkompliziertheit der ganzen Situation in dieser Erzählung faszinierend. Jesus kommt in das Haus des Petrus zu einem Zeitpunkt, wo man sich doch normalerweise, wenn die Hausfrau krank darnieder liegt, keinen hohen Besuch einlädt. Wichtig ist die Beziehung; wichtig ist der Menschen, der jetzt Hilfe braucht. Für Jesus ist es die Schwiegermutter, die er vom Fieber heilt, und für die Schwiegermutter, die geheilt wird, sind es die Gäste, die sie gleich bewirtet - oder wie es genau im Griechischen heißt: ihnen dient, sie bedient, für sie sorgt, ihnen hilft, sie unterstützt. Es sind genau die Tätigkeiten, die wir aus der Apostelgeschichte kennen, welche die Diakone für die Armen in der Gemeinde gemacht haben. So verstehen die frühen Gemeinden offensichtlich Christentum: sie sehen, fühlen, was der andere gerade braucht und helfen dort, wo er sich selber nicht helfen kann.

Dass uns das nicht immer gelingt, steht auf einem anderen Blatt. Es sind unsere eigenen Schwächen und Fehler, die uns daran hindern und unser Leben begleiten. Sie zu erkennen und positiv damit umzugehen, erfordert viel Kraft. Es fordert uns ein Leben lang heraus. Woher aber diese Kraft nehmen? Auch dafür zeigt uns die heutige Schriftstelle einen Weg. Schauen wir, woher Jesus die Kraft nimmt, das Leid der anderen wahrzunehmen und ihnen zu helfen. "… er steht auf, verlässt das Haus und zieht sich an eine einsam gelegene Stelle zurück, um dort zu beten".

Aufstehen ist immer auch ein Akt des Willens; aufstehen unterbricht das, was wir gerade tun, und ist der Beginn von Neuem. Wenn wir eine gute Balance zwischen Berufs- und Privatleben anstreben, so ist es regelmäßig auch für uns selbst besser, aufzustehen und uns von all dem, was um uns herum passiert und auch sehr wichtig ist, nach innen zu wenden und uns auch um uns selbst zu kümmern. Das rechte Maß ist dabei wichtig. Für die anderen da sein, aber auch für mich selbst da sein. Sich sammeln, Kraft schöpfen, auf andere Gedanken kommen, die Kraftquelle in uns entdecken. Das führt zur eigentlichen Quelle unseres und allen Seins: zu Gott, unserem Schöpfer und Vater, zu Jesus unserem Bruder, der uns vorgelebt hat, wie menschliches Leben in Einklang mit dem Willen des Vaters gelingen kann, zum Heiligen Geist, der uns beisteht. Amen.

Sepp Krasser