Das Wort zum Sonntag – 2. Adventsonntag

Liebe Pfarrgemeinde!

In den adventlichen Tagen stecken Menschen oft ein Zweiglein in einen Krug, damit es zur Weihnacht aufblüht. Und in manchen Liedern ist davon die Rede, dass aus der Erde ein Blümlein hervorsprießen soll oder aus einer Wurzel ein Ros´ entsprungen sei. Diese Zeichen und Lieder sind inspiriert vom Text der Lesung am 2. Adventsonntag (Jesaja 11,1-10), vom Reis aus dem Baumstumpf Isais. Isai oder Jesse ist der Vater Davids. Aus dem Stamm Davids, soll nun wieder ein Spross (Reis oder Ros’) entsprießen. Die Davidsdynastie, die im Babylonischen Exil brachliegen und fruchtlos bleiben musste, wird wieder aufleben. Das ist eine Botschaft der Verheißung und Hoffnung des Aufblühens, eine Botschaft von neuen Anfängen in Situationen scheinbaren Endes; von Anfängen auch in Jesus Christus und in der Kirche, auch wenn es manchmal den Anschein hat, dass nur noch Ruinen und Wurzelstümpfe in Welt und Kirche übrig zu bleiben scheinen.

Die Propheten als Boten Gottes für sein Volk konnten und wollten Gericht und Ende nicht ohne Hoffnung auf neue Anfänge denken. Gott ist derjenige, der Wunder neuen Anfangs schenkt. Das heißt, Ende, Untergang und Gericht sind niemals die letzten Worte von Gott her. Der Stumpf und die Wurzel, der scheinbare Untergang, ist Ort des Neubeginns, Reis, Spross, der Frucht bringt.

Und dieses Geschehen ist Initiative, Geschenk und Werk des Geistes, der schöpferischen Dynamik Gottes, die sich auf dem Wurzelstumpf, auf diesem Reis auf Dauer niederlässt. Dies geschieht in der großen siebenfachen Fülle von Gaben des Geistes Gottes. Es sind Gaben im Dienst der Führung und Leitung der Gemeinschaft, eines gerechten, menschenwürdigen, friedlichen Miteinanders, das von diesem Spross ganz unerwartet ausgeht. Es sind die wichtigen Gaben von Klugheit, Unterscheidungsgabe, Kraft zur Verwirklichung und Offenheit für Gott selbst, Gaben der Ehrfurcht und Demut. Durch das Wirken des geisterfüllten Sprosses wird die Schöpfung als Lebensraum im Sinne Gottes wiederhergestellt: Es herrscht Friede zwischen Tier und Tier, zwischen Tier und Mensch, zwischen Gewalttätigen und Schwachen. Und das große Wunderbare besteht darin: Es geht nicht um Vernichtung der Feinde, sondern um das Ende der Feindschaft zwischen Menschen in der Kraft des Geistes Gottes.

Die Dynamik dieses Geschehens ist nicht zu Ende, darf nicht zu Ende sein! Der Geist in diesem Spross, kann und wird immer noch und immer wieder Anfänge schenken und wirken, auch wenn wir oft nicht mehr wissen, wie es weitergehen kann in der Kirche, in der Welt, in uns selbst. Geben wir diesem Geist und der wunderbaren Kraft seines Blühens immer wieder Raum!

Ihr Pfarrer