Das Wort zum Sonntag – 18. Sonntag im Jahreskreis

Liebe Pfarrgemeinde!

„Verklärung“ – das Wort gehört zu den Begriffen, die aus der Mode gekommen sind und deren Bedeutung sich im Laufe der Zeit verändert hat.

Landläufig denkt man bei diesem Begriff an eine unrealistische Verherrlichung. Wir verwenden das Wort für Träumer, die mit „verklärtem Blick“ durch die Gegend laufen und nur die schönen Dinge wahrnehmen. Verliebte neigen dazu, ihren neuen Partner zu „verklären“, ihn oder sie durch die rosarote Brille zu sehen.

„Verklären“ ist sinnverwandt mit „vergöttern“, in den Himmel heben, auf ein Stockerl stellen. Dabei wird dem alten Wort unrecht getan. „Verklären“ hat nichts mit der Verzerrung der Wirklichkeit zu tun. Das Eigenschaftswort „klar“ ist darin enthalten. Denken Sie an beschlagene Spiegel und Brillen. Wenn mit dem richtigen Mittel die Sicht frei wird, sehen wir wieder klar und deutlich, was vor uns liegt und wo´s langgeht. Klarheit im übertragenen Sinn, bezogen auf Eigenschaften und Beziehungen, ist das Gegenteil von unrealistischer Träumerei.

Wenn wir in lichten Momenten im Leben klarsehen, kommen wir zu neuen Erkenntnissen und treffen die richtigen Entscheidungen. Im rechten Licht betrachtet, können wir uns erklären, was zuvor nur zu ahnen war.

Die Klarheit, zu der die Jünger Jesu auf dem Berg gekommen sind, feiern wir an diesem Sonntag in einem eigenen „Fest der Verklärung des Herrn“.

Da sind sie ganz oben auf dem Gipfel. Erinnern wir uns an Gipfelerlebnisse – der anstrengende Aufstieg ist geschafft, den Alltag haben wir hinter und unter uns gelassen. Was gewöhnlich Kopfzerbrechen bereitet oder die Energie raubt, liegt im Tal, am frühen Morgen noch völlig im Nebel verborgen. Hier oben beim Gipfelkreuz ist strahlende Sonne, leuchtendblauer Himmel mit vereinzelten Wölkchen, die gutes Wetter verheißen. Ist unser Blick in solchen Momenten verzerrt? Natürlich nicht – alles, was wir sehen und empfinden ist Wirklichkeit – aus einer anderen Perspektive betrachtet. Losgelöst vom Gewöhnlichen spüren wir eine andere Seite der Realität, eine tiefere Bedeutung, eine höhere Berufung, ein erweitertes Panorama.

So geht es den Jüngern. Es ist plötzlich klar, wie alles zusammengehört, was sie in ihrer jüdischen Tradition und mit ihrem neuen Lehrer erlebt haben. Ihnen geht ein Licht auf, welchen Platz Jesus mit seiner frohmachenden Botschaft vom Vater im Himmel einnimmt. Sie erkennen die Bedeutung dessen, was sie mit ihm erleben und nicht immer verstehen. Die Freundschaft mit ihm, die Freude über die Gemeinschaft verdichtet sich zu einem intensiven Glücksmoment, einem echten Gipfelerlebnis. Es ist so schön, dass sie sich wünschen, es möge immer so bleiben. Simon Petrus will drei Hütten bauen, damit das Glück dort dauerhaft bei ihnen wohnt.

Wie wir alle machen auch die Jünger die Erfahrung, dass man vom Berg der Verklärung wieder hinabsteigen muss in den Alltag, der noch immer häufig grau ist. Aber sie tragen das Wissen in sich, dass über dem Grau immer und zuverlässig das Gold und Blau des Gipfels liegt. Wir sehen es nicht, weil die Verklärung nicht festzuhalten ist. Im Herzen können wir diese Momente aufbewahren. Wir können uns darin üben, sie ab und zu zurückzuholen und zu betrachten. Sie sind der Vorrat für traurige und sinnlos scheinende Zeiten. Denn auch die Wahrnehmung von „Grau-in-grau“ und „alles-egal“ ist nur eine Sichtweise und nicht die ganze Wahrheit.

Wenn wir uns an Jesus halten, wenn wir versuchen seine Worte so gut zu leben, wie wir es können, dann können wir jetzt in diesem Leben schon einen kleinen Vorgeschmack auf unser Ziel geschenkt bekommen. Unser Ziel ist es, in der Nähe Gottes zu leben. Wir erleben dann auch eine gewisse Vorfreude. Unsere Vorfreude, unsere Hoffnung kann wachsen, wenn wir "auf ihn hören“. Amen.

Sepp Krasser