Das Wort zum Sonntag – 5. Sonntag im Jahreskreis

Liebe Pfarrgemeinde!

Wie kann ich als Christ diesen Anforderungen im Evangelium je gerecht werden: Salz der Erde soll ich sein, Stadt auf dem Berg soll ich sein, Licht der Welt soll ich sein. Diesen Ansprüchen fühle ich mich nicht gewachsen. Doch so haben die Sätze im Evangelium auch nicht gelautet. Im Bibeltext steht es nämlich grundsätzlich anders - es heißt: „Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt!“; d.h. „Ihr Christen, ihr seid bedeutend!“ Hier steht eine große Zusage. Ist das nicht eine maßlose Übertreibung? Ich soll bedeutend sein? Ich mit meinen Fehlern und Schwächen? Wer ist schon wirklich Salz der Erde und wirklich Licht für die anderen?

Doch bei genauerem Hinschauen auf den Text heißt es nicht: „Du bist das Salz der Erde“, sondern: „Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt!“ Die Gemeinschaft der Christen ist also angesprochen. Die Christen insgesamt sind für die anderen Menschen so etwas wie das Salz und das Licht. Sie sind es aufgrund des Zuspruches von Jesus her. Der Christenheit ist eine besondere Auszeichnung zugesagt: „Prädikat wertvoll“! Es liegt ein großer Unterschied darin, ob ich mir dieses „Prädikat besonders wertvoll“ erst verdienen muss oder ob uns diese Auszeichnung einfach zugesprochen wurde.

Heißt das nun, weil wir ohnehin als Christen das Salz der Erde und das Licht der Welt sind, dass wir tun und lassen können, was wir wollen?

Schauen wir uns die Bilder (Salz, Licht, Stadt auf dem Berg) genauer an: zu-nächst ist vom Salz die Rede. „Salz“ ruft alltägliche Erfahrungen in Erinner-ung: Ohne Salz kann man nicht kochen. Ungesalzene Speisen schmecken fad. Salz hebt den Eigengeschmack der Speisen hervor. Salz war schon immer ein wertvolles, unersetzbares Gut. Mit Salz kann man Vorräte haltbar machen und mit Streusalz kann Eis zum Schmelzen gebracht werden. Was wir vom Salz wissen, können wir auf unser Leben übertragen. Salz hat eine Funktion für andere. Weil wir Christen sind, können und dürfen wir zu einer „genießbaren“, menschlicheren Welt beitragen. Es liegt an uns Christen, durch unser Beipiel anderen den Weg zu Gott zu zeigen.

Das Licht erleuchtet das Dunkel. Es bannt das Ungewisse und Gefährliche der Finsternis. Das Licht diente wegen seiner tiefen Symbolkraft im Alten Testament als Bild für Gott. Die Erschaffung des Lichts war das erste Werk des Schöpfers. All diese positiven Inhalte werden mit dem Bild vom Licht den Christen zugesagt.

Dann ist auch noch von der Stadt auf dem Berg die Rede. Eine Stadt, die Schutz bietet und aufgrund der Mauern möglichst uneinnehmbar ist. So eine Stadt ist von weitem gut sichtbar und gibt damit Reisenden eine gute Orientierung. Es ist somit ein Zuspruch an die Christen, Orientierung und Sicherheit zu bieten.

Wenn das nun lauter Zusprüche sind, was muss ich dann als Christ noch selber tun? Zunächst einmal können wir froh sein über die einzelnen Zu-sprüche und Auszeichnungen. Allerdings kommen ein zweites hinzu: Weil wir derart ausgezeichnet sind, wollen wir dazu auch unseren Beitrag leisten. Weil wir Salz der Erde, Licht der Welt und Stadt auf dem Berg sind, wollen wir unser Handeln auch danach orientieren: Würzig und geschmackbildend wollen wir sein, Ausstrahlung soll von uns ausgehen, unsere Standpunkte sollen herausgehoben sein. Nicht weil wir das alles „müssen“, sondern weil wir es selber wollen. Wir wollen immer mehr dem entsprchen, was wir eigentlich schon sind.

Das Einzige, was für uns bleibt, ist: Gott gewähren zu lassen, ihm Raum zu geben, das aus uns machen zu lassen, wozu er uns entworfen hat: als „Salz der Erde“, als „Licht der Welt“, als „Stadt auf dem Berg“. Wenn wir etwas sein „sollen“, dann nur eines: als „Stadt auf dem Berg“ sichtbar sein, als „Licht der Welt“ vor den Menschen leuchten, als „Salz der Erde“ die Suppe dieser Welt würzen.

Sepp Krasser